KITAs setzen große Erwartungen in neue Landesregierung

„KiBiz kann man besser – so überschrieb der Troisdorferer SPD-Vorsitzende Jürgen Weller eine gut besuchte Informationsveranstaltung mit Kindertagesstätten. Mit dem netten Begriff „KiBiz“ wurde das sogenannte Kinderbildungsgesetz der abgewählten Landesregierung abgekürzt, das viele Kindergärten in der Praxis an den Rand des Ruins getrieben und landesweit Kindergärtnerinnen frustriert hat. Staatssekretär Klaus Schäfer erklärte jetzt für die neue Landesregierung, dass es eine Generalrevision des Regelwerks für Kindertagesstätten geben werde, die das Wohl der Kinder, aber auch der Beschäftigten und der Träger wieder in den Vordergrund rückt.

Mit den Änderungen soll bereits zum kommenden KITA-Jahr begonnen werden. Welche Neuregelungen am wichtigsten und am dringendsten sind – darüber wollte die SPD vor dem Gesetzesverfahren erst die Betroffenen hören. Alle KITAs aus Troisdorf, Niederkassel, Siegburg und Lohmar wurden ins Bürgerhaus eingeladen. Ebenso die Fachschule für Sozialpädagogik am Sieglarer Berufskolleg, wo künftige Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen ausgebildet werden.

Unter der Moderation des Troisdorfer Kreistagsabgeordneten Achim Tüttenberg gaben Vertreterinnen von Familienzentren und Kindertagesstätten die entscheidenden Impulse zu einer lebhaften Diskussion. Josefine Berger als Leiterin des Integrativen Familienzentrums „Heidepänz“ in Altenrath, Liese Plies als Leiterin des Familienzentrums „Villa Kunterbunt“ in Rheidt und Petra Opschondek als Leiterin der integrativen „Kinderburg Veronika Keller“ in Siegburg gaben dem neuen SPD-Staatssekretär klare Erwartungen mit auf den Weg in den Landtag. Sie fanden es aber bereits äußerst positiv und eine ganz neue Erfahrung, dass die vor Ort Betroffenen diesmal vor Änderungen gefragt und einbezogen wurden. Das war unter dem ab gewählten CDU-Ministerpräsidenten Rüttgers und seinem damaligen Familienminister Laschet ganz anders.

„Wir brauchen eine auskömmliche Finanz- und Personalausstattung. Sonst können wir gewünschte Zusatzaufgaben wie Sprachförderung, Unter-Drei-Betreuung und Kontakte in Familien nicht schultern“ – auf diese einhellige Forderung antwortete Staatssekretär Schäfer, dass SPD und Grüne noch im Dezember im Nachtragshaushalt 2010 520 Mio € zusätzlich allein für die KITAs in NRW bereitstellen wollen. „Das tut finanziell sehr weh, aber wir halten unser Wahlversprechen ein!“
Kinderpflegerinnen brauchen wieder Wertschätzung und Zukunftsaussichten. „Was die alte Landesregierung mit der Umsetzung des KiBiz besonders den Kinderpflegerinnen angetan hat, ist ungeheuerlich“, war nicht die drastischste Bewertung. 50-Jährige mit 30 Jahren Berufserfahrung in Kindergärten zur Nachholung der Erzieherausbildung zu zwingen – diese unglaubliche Erfahrung mussten zahllose Kindergärtnerinnen unter Rüttgers machen. „Rot-Grün macht Schluss mit solcherlei Drangsalierung. Wir schätzen die Arbeit der Kinderpflegerinnen und freuen uns, wenn sie auch kleine Kinder unter 3 künftig verantwortungsvoll betreuen“ – so die klare Ansage der neuen Politik.

Nicht alle Wünsche können sofort erfüllt werden, auf diese Ehrlichkeit legte Klaus Schäfer großen Wert. Wir fangen zum nächsten KITA-Jahr sehr beherzt an. Übrigens auch mit der Beitragsfreiheit im Kindergarten. Da gingen die Meinungen auch unter den Gästen auseinander. Die einen plädieren für die Freistellung des letzten KITA-Jahres vor der Einschulung, weil dann die meisten Eltern entlastet werden. Die anderen wünschen das erste KITA-Jahr ab dem 3. Lebensjahr beitragsfrei, um möglichst viele Eltern zur KITA-Anmeldung ihrer Kinder zu veranlassen. Die Waagschale scheint sich zugunsten des letzten Jahres zu neigen. Die abschließende Entscheidung trifft der Landtag.
Moderator Achim Tüttenberg, der während seiner Mitgliedschaft im Landtag erbittert gegen die Fehlentwicklungen des KiBiz gekämpft und zig Veranstaltungen in mehreren Städten dazu durchgeführt hatte, ist stolz auf die neue Politik in Düsseldorf: „So hält man Wahlversprechen. So baut man Vertrauen auf. So bringt man die Erfahrungen der Betroffenen in Gesetze hinein.“

So wirkt der Politikwechsel im Landtag für alle Beteiligten hoffnungsvoll, mit einer Ausnahme. Wenn das KiBiz so reformiert wird, wie die KITAs es brauchen und herbeisehnen, ist es kein KiBiz mehr. Dann muss auch der Begriff verschwinden, der für das Benachteiligen und Demotivieren von Trägern und Beschäftigten steht. Achim Tüttenberg hat dazu eine klare Vorstellung: KiBiz soll zurück zu Herrn Rüttgers nach Pulheim fliegen und dort in seinem Archiv für immer verschwinden. Dann kann ein echtes Kinderzukunftsgesetz kommen.“