Warnung vor Wortbruch zu Lasten der Verbraucherzentrale

Achim Tüttenberg MdL

Keine Vertragskündigung zu Lasten der Verbraucherzentrale

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

mit Datum vom 12.04.2016 haben Sie demStadtrat eine Beschlussvorlage zugeleitet, nach der die vorhandene Vereinbarung mit der Verbraucherzentrale Troisdorf vom 01.07.2012 zum 30.06.2017 gekündigt werden soll. Durch Ihre Wortwahl „Konditionen eines möglichen neuen Vertrags oder Kooperations-möglichkeiten mit Nachbarkommunen“ implizieren Sie ausdrücklich auch die Möglichkeit, dass es keinen neuen Vertrag geben könnte bzw. der Standort aus Troisdorf weg verlagert werden könnte.
Hintergrund ist offenbar, dass Ihnen die Kosten, die die Stadt für den Betrieb der Verbraucherberatung jährlich aufwendet, im Vergleich zu anderen städtischen Leistungen zu hoch erscheinen. Mit diesem Schreiben möchte ich Sie dringend darum bitten, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen und durch eine schnelle Rücknahme dieser Vorlage dem Tatbestand des Wortbruchs vorzubeugen und die Verunsicherung der Betroffenen zu beenden.
Ich möchte dies wie folgt begründen:
Kurz nach dem neuen Vertragsschluss, im November 2012, feierte die Verbraucherzentrale Troisdorf ihr 25-jähriges Jubiläum. Ausweichlich der Pressemeldung 496 der Stadt Troisdorf vom 27.11.2012, veröffentlicht auf der städtischen Homepage, gaben Sie bei Ihrer Jubiläumsrede folgende Zusage: „Auf die Beratungsstelle in Troisdorf wollen wir auch in Zukunft nicht verzichten. Sie ist eine der zentralen Dienstleistungen, die die Stadt Troisdorf im Rahmen der Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger anbietet. Das Angebot ist aus unserer Mitte nicht mehr wegzudenken“, sicherten Sie die kommunalpolitische Unterstützung auch für die kommenden Jahre zu.

Da ich selbst dabei war, kann ich diese Ausführungen bestätigen.
Diese Zusage wurde auch vom anwesenden Vorstand der NRWVerbraucherzentrale
Klaus Müller so verstanden: „Durch die gute Zusammenarbeit
mit der Stadt ist das vertragliche Fundament für unsere Arbeit für die Troisdorfer Bürgerinnen und Bürger für die nächsten Jahre gelegt." Wenn dieser Vertrag jetzt von Ihnen einseitig gekündigt würde, wäre dies ein eklatanter Wortbruch.
Der Erinnerung halber weise ich noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass nach Ihren eigenen Angaben auf der Homepage seit ihrer Gründung von der Verbraucherzentrale mehr als 250 000 Menschen beraten wurden. Es ist mir unbegreiflich, wie man angesichts dieser beeindruckenden Zahlen auf die Idee kommen kann, einer solchen Einrichtung durch Vertragskündigung die Bedrohung der Existenz zuzumuten und den bisherigen und den potentiellen Kundinnen und Kunden damit zu verdeutlichen, dass diese zentralen Dienstleistung der Stadt im Rahmen der Daseinsvorsorge für Sie nachrangig wenn nicht verzichtbar ist.
Selbstverständlich hat auch eine Verbraucherzentrale Kosten- und
Einsparungsbewusstsein zu üben, und das tut sich nachweislich auch. Dass aber gerade die Stadt jetzt von der VZ eine Kostenreduzierung erwartet, wo sie doch selbst durch die erzwungene Verlagerung des Standorts aus dem abzureißenden Bürgerhaus in eine andere Innenstadt-Immobilie gezwungen war, eine höhere Miete in Kauf nehmen zu müssen, ist unfair, weil dies dem Verursacherprinzip widerspricht.
Eine erneute Verlagerung an einen kostengünstigeren Standort ist zweifellos denkbar, wenn dieser vergleichbar günstig gelegen ist.
Hierfür wäre es aber nicht erforderlich, gleich den gesamten Vertrag zu kündigen.
Dass Sie die Kündigung dennoch vorschlagen, lässt leider darauf schließen, dass der Angriff grundsätzlicher Natur ist.
Der Hinweis auf Kooperationsmöglichkeiten mit Nachbarkommunen wäre zielführend, wenn es darum ginge, weitere Kommunen für eine Mitfinanzierung zu gewinnen. Dann sollte dieses aber geklärt werden, bevor eine Vertragskündigung ausgesprochen wird. Eine Neuregelung von Finanzierungsanteilen kann im Einvernehmen erfolgen; dafür wäre eine einseitige Kündigung unangemessen. Sollte unter Kooperationsmöglichkeiten eine Fusion der Standorte Troisdorf und Siegburg verstanden werden, so weise ich darauf hin, dass die Zahl der Beratungen in Troisdorf um ca. 15 % höher liegt als in Siegburg, so dass eine Verlagerung des Standortes Troisdorf nach Siegburg nicht sachgerecht und schon gar nicht kundenfreundlich wäre. Mir ist aber auch nicht bekannt, dass etwa die Stadt Siegburg – mit deutlich größeren finanzstrukturellen Problemen als Troisdorf -ihrerseits den Vertrag mit der dortigen VZ gekündigt hätte.
Deshalb fehlt auch diesbezüglich eine nachvollziehbare Begründung für eine einseitige Vertragskündigung.
Ich darf zudem anmerken, dass das Land NRW seine Landesmittel für die Finanzierung der Verbraucherzentralen im Land von 8,8 Mio € in 2008 auf 14 Mio € in 2016 mit Finanzierungszusage bis 2020 um über 50 % erhöht hat. Genau damit
wird der gesellschaftlichen Erkenntnis Rechnung getragen, dass es sich bei unabhängiger öffentlich geförderter Verbraucherberatung um eine Angelegenheit der Daseinsvorsorge handelt, die nicht aktueller finanzpolitischer Priorisierungen unterworfen werden sollte.

Vor diesem Hintergrund ist zusammenfassend die von Ihnen vorgeschlagene Kündigung eine falsche Gewichtung des Stellenwertes des Verbraucherschutzes für die Troisdorfer Bürgerinnen und Bürger, ein fatales Signal des Wortbruchs an die Betroffenen und in dem erwarteten Einsparungsvolumen im Verhältnis zu dem von Ihnen mit 7 Mio € angegeben strukturellen Haushaltsdefizit der Stadt Troisdorf so marginal, dass es in keiner Weise den politischen Flurschaden rechtfertigt.
Ich bitte insofern nochmals eindringlich um umgehende Rücknahme dieses Beschlussvorschlags.
Mit freundlichen Grüßen