Für die Neuregelung gibt es gute Gründe:
Grund 1: Die schnell zunehmende Zahl an Alters- und Ehejubiläen führt, gerade in den größeren Stadtteilen, zu einer zeitlichen Überlastung der ehrenamtlichen Ortsvorsteher. Dieses Problem wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrfach von der SPD-Fraktion thematisiert, ohne dass die Stadtspitze eine Lösung vorschlug. Die Lösung ist, die Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen.
Grund 2: Zahlreiche örtliche Themen werden vor Ort nicht diskutiert, sondern nur im Rathaus. Aktuellstes Beispiel: Fast zwei Jahre arbeitete die Stadtverwaltung an einem Konzept für die Renovierung des Spicher Bürgerhauses – und weder Ortsring noch Vereine wurden informiert oder beteiligt. Deren Anliegen wurden daher bisher nicht berücksichtigt. So etwas wird es mit Hilfe der Ortschaftsausschüsse nicht mehr geben.
Grund 3: Ortschaftsausschüsse sollen die Belange der Orte gegenüber den Fachausschüssen des Stadtrates formulieren und vertreten. Das bedeutet: mehr Einfluss für die Stadtteile und bessere Vorbereitung, sprich effektivere Arbeit, in den Ratsgremien.
Grund 4: Die Stärke der Parteien gleicht sich in zahlreichen Ortschaften immer mehr an. Fast nirgends ist eine Partei noch so dominant, dass ein Ortsvertreter für (fast) alle sprechen kann. Wenn in mehreren Stadtteilen bis zu zwei Drittel der Stimmen nicht für die Partei abgegeben wurden, die den Ortsvorsteher nominieren kann, muss die Konsequenz eine Arbeits- und Organisationsform sein, die die Vielfalt des Ortes tatsächlich abbildet: Mehr Demokratie durch Ortsausschüsse.
Grund 5: In den Ortschaftsausschüssen kommen regelmäßig mehr Menschen als nur eine Ortsvorsteherin oder ein Ortsvorsteher zusammen, die ganz unmittelbar einen Blick auf Probleme und Interessen vor Ort haben und das mit dem Recht auf Beteiligung gegenüber dem Rat und der Verwaltung einbringen können und sollen.
Grund 6: Auch wenn mit Ortschaftsausschüssen zunächst Erfahrungen gesammelt werden müssen, lohnt der Versuch auch mit Blick auf andere Städte, die solche Erfahrungen bereits gemacht haben und mit diesem Instrument weiterarbeiten wollen. Für die SPD-Fraktion ist nichts in Beton gegossen, es besteht jederzeit Gesprächs- und Kompromissbereitschaft – das lässt die CDU allerdings bisher vermissen.
Übergangsregelung
Der Bürgermeister könnte jederzeit die bisherigen Ortsvorsteher oder die neu gewählten Ratsmitglieder aus den Orten mit fast allen (außer den ohnehin ganz wenigen hoheitlichen) Aufgaben wie Geburtstagsbesuchen betrauen. „Wir fragen uns angesichts der Corona-Gefahrenlage allerdings, ob die Überbringung von hunderten von Geburtstagsgeschenken an die Hochrisikogruppe der 85-Jährigen und noch älteren Menschen derzeit überhaupt verantwortbar ist, oder dies nicht jetzt besser durch ein eingeworfenes Gratulationsschreiben plus Gutschein erfolgen sollte“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Harald Schliekert.