Die Rede des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Troisdorf, Harald Schliekert, anlässlich der Verabschiedung des Haushalts 2023 am 29. November 2022 als Audio:
Und folgend die Haushaltsrede im Wortlaut zum Nachlesen:
Sehr geehrte Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich mich im Einzelnen mit dem Haushalt befasse, möchte ich an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Mitarbeiter:innen der Verwaltung danken, die dafür gesorgt haben, dass wir heute überhaupt in einem geregelten Verfahren einen Haushalt beschließen können.
Dem also jetzt vorgelegten Haushaltsentwurf können wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit Überzeugung zustimmen. Denn er ist geprägt von Vorsicht, Einsicht und Weitsicht.
Vorsicht zeigen wir, weil wir entgegen der Übung der letzten Jahre nur einen einjährigen Haushalt verabschieden. Im Gegensatz zur CDU sind wir der Überzeugung, dass mit der Übersendung der sogenannten Orientierungsdaten des Landes erst vor fünf Tagen das Problem deutlich wird: Es zeigt, wie unsicher auf allen Ebenen die weitere wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung gesehen wird. Wir sind sicher, dass uns im Herbst des nächsten Jahres belastbarere Zahlen vorliegen, wenn wir dann wieder einen Doppelhaushalt beschließen.
Einsicht und darauf basierende Lösungsansätze zeigt dieser Haushalt, weil er deutlich macht, dass wir jetzt Probleme anpacken müssen, die wir teilweise schon lange haben.
23 Jahre CDU-Bürgermeister in Troisdorf haben nämlich zahlreiche Probleme hinterlassen:
• Die Feuerwehrhäuser sind in vielen Bereichen mit so vielen gravierenden baulichen Mängeln versehen, dass wir praktisch jedes Jahr ein neues bauen müssen. Das packen wir an.
• Im Baubetriebsamt wird quasi beiläufig festgestellt, dass die Substanz so marode ist, dass ein Dach einzustürzen droht. Die Millionenbeträge für eine umfassende Sanierung stellen wir zur Verfügung.
• Das Bürgerhaus in Spich und die Mehrzweckhalle Altenrath weisen derart fundamentale Mängel auf, dass auch Sanierungen mit Millionenaufwand die beiden Hallen immer noch nicht auf den Stand der Technik bringen würden.
• Die Teichanlage im Waldpark ist schon seit langem ein Sorgenkind. Umfassend angepackt wird das Problem erst jetzt mit diesem Haushalt.
• Der Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt legt schonungslos dar, dass 56 % der in Troisdorf vorhandenen 2,5 Millionen m² Verkehrsflächen in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand sind. In einem ersten Schritt werden die Mittel für die Instandhaltung mit diesem Haushalt aufgestockt, aber ich kündige an, dass wir von Seiten der SPD darauf drängen werden, dass die Anstrengungen in diesem Bereich deutlich verstärkt werden.
• Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch noch einmal an die Situation der Kinderspielplätze in Troisdorf. Schon der laufende Haushalt hat dafür gesorgt, dass mit mehr Geld Plätze saniert werden können, aber jetzt wird klar, dass wir auch in diesem Bereich über die Jahre Millionen werden investieren müssen.
Weitsicht beweist der Haushalt, weil er darüber hinaus gezielt Probleme anpackt, von denen die Bürger:innen von Troisdorf erst in der Zukunft etwas haben werden.
• Klimaschutz und Klimawandelfolgenschutz sind uns ein wichtiges Anliegen. Personelle Aufstockung, um beispielsweise konzeptionell weiterzukommen oder um umweltfreundliche Förderungen beschleunigt auszahlen zu können, sind ein Teil. Die Anhebung von Förderungen in diesem Bereich ein anderer.
• Mit einem von uns vorgeschlagenen 5-Jahresprogramm, das Jahr für Jahr 300.000 Euro umsetzen soll, sollen 1.000 Bäume gepflanzt werden. Nicht etwa zusätzliche, sondern erst einmal die, die in den letzten Jahren aus welchen Gründen auch immer gefällt wurden.
• Das ebenfalls von uns mit dem laufenden Haushalt initiierte Konzept der Stadtteilzentren findet seine Fortsetzung. Unsere Gesellschaft wird immer älter und immer mehr Menschen möchten ihren Lebensabend gerne zu Hause verbringen. Aus unserer Sicht ist es deshalb konsequent, Leistungen der öffentlichen Hand näher an diese Menschen zu bringen.
• Mit der finanziellen Ausstattung für die Erstellung einer Kulturvision und deren Umsetzung mit umfangreicher Bürgerbeteiligung in den folgenden Jahren wollen wir Troisdorf kulturpolitisch wieder auf den Stand bringen, den es in der Vergangenheit hatte.
• Für die Sportvereine haben wir einen unbürokratischen Schutzschirm aufgespannt, um sie bei den Energiekosten zu entlasten. Außerdem sollen sie einen einmaligen Zuschuss je Mitglied erhalten, um die negativen Einflüsse aus Corona und Krieg in der Ukraine abfedern zu können.
• Die Begegnungsstätten der Stadt erhalten erstmals seit Jahren eine Erhöhung ihrer Zuschüsse, um weitergehende Angebote machen zu können.
Zugegeben, die allgemeine finanzielle Entwicklung hat uns den Spielraum gegeben, mit dem wir die Bürger:innen entlasten und, wie gerade ausgeführt, Wege in die Zukunft weisen wollen. An der Stelle möchte ich nochmal deutlich machen, dass wir eine etwas optimistischere Auffassung als die Verwaltung haben, denn wiederholt treffen die Prognosen der Verwaltung nicht ein.
Festzustellen bleibt, dass in der Vergangenheit hier vor Ort einige Weichen falsch gestellt wurden. Hätte man nach dem Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt schon vor fünf Jahren unverzüglich mit Sanierung und Neubau von Feuerwehrgerätehäusern angefangen, hätten wir heute, angesichts steigender Zinsen und steigender Baukosten, wahrscheinlich Millionen gespart.
Dasselbe gilt dem Grunde nach für die Mehrzweckhalle in Altenrath. Seit Jahren ist klar, dass nur ein Neubau eine zukunftsfähige Lösung ist. Nach eigenen Zahlen der Verwaltung hätte das vor fünf Jahren ca. 3 Millionen Euro gekostet. Heute sind wir fast beim Dreifachen und mit jedem weiteren Tag der Verzögerung wird es teurer. Deshalb packen wir dieses Problem mit dem Haushalt an.
So bleibt festzuhalten, dass es zwar schön aussah, dass wir in den Jahren 2016 bis 2019 als Stadt Überschüsse erwirtschaftet haben, aber die genannten Probleme unserer Stadt wurden eben nicht angepackt und holen uns jetzt ein.
Lassen Sie mich bei der Gelegenheit auf ein Problem hinweisen, dass uns Geld kostet, aber nicht von uns verursacht wurde. Auf eine entsprechende Anfrage der SPD antwortete die Verwaltung: „Die Beitragserhebungspflicht wurde auch durch die Änderung des KAG und den Erlass der Straßenbaubeiträge nicht aufgehoben.“ Folge ist, dass wir als Stadt mit aufwändigster und für die Stadt kostenpflichtiger Prüfarbeit für die Berechnung rein fiktiver Straßenausbaubeiträge belastet werden – die dann gar nicht erhoben werden.
Interessant dabei ist, dass hier der CDU-Vorsitzende in Troisdorf in seiner Funktion als Bürgermeister die Fraktionsvorsitzende der CDU in ihrer Funktion als Landtagsabgeordnete rüffelt, denn sie hat die entsprechende Gesetzesänderung ja mit beschlossen.
Das könnte uns als SPD ja noch freuen. Wobei der Bürgermeister allerdings eine Grenze überschritten hat, ist der Brief, den er an alle Grundsteuerzahlerinnen und Grundsteuerzahler in Troisdorf im Januar dieses Jahres geschickt hat. Es geht um die vom Rat nicht umgesetzte Forderung des Bürgermeisters, die Grundsteuer B im Jahr 2022 von 590 auf 740 Punkte anzuheben. Sein Kommentar: „Durch die Blockade im Stadtrat wird es leider im Jahr 2023 zu einer massiven Erhöhung auf 835 Punkte kommen.“
An der Stelle will ich darauf hinweisen, dass die Gemeindeordnung ausdrücklich verlangt, dass Rat und Bürgermeister zum Wohle der Bürger:innen in den Städten und Gemeinden zusammenarbeiten sollen. Das schließt gegenseitige Kontrolle nicht aus, die in der Gemeindeordnung detailliert geregelt ist.
Wir halten es vor diesem Hintergrund für gelinde gesagt unangemessen, dass der Bürgermeister indirekt zum Ausdruck bringt, dass der Rat eigentlich keine Ahnung habe.
Nun, Tatsache ist, dass der Bürgermeister sich bei der Grundsteuer massiv geirrt hat und wir mit dem vorgelegten Haushalt die Grundsteuer sogar auf 555 Punkte senken können. Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen dessen, was wir als Stadt leisten können.
Wenn ich die bisherigen Haushaltsberatungen richtig verfolgt habe, fällt auf, dass alle Fachausschüsse fast immer einstimmig ihre jeweiligen Haushaltsansätze gebilligt haben, und dass fast alle Änderungsvorschläge der Fraktionen, inklusive die der CDU, berücksichtigt wurden. Aber dann wurde im Hauptausschuss mit Hinweis auf die eben von mir genannte Grundsteuersenkung der Haushalt von der CDU abgelehnt.
Es fällt mir schwer zu glauben, dass die CDU-Fraktion diesen Schritt ohne Rücksprache mit ihrem Parteivorsitzenden gemacht hat. Es bleibt also festzuhalten, dass der Bürgermeister wahrscheinlich aus parteipolitischen Gründen seinen eigenen Haushalt ablehnen wird.
Wir als SPD tun das nicht. Wir stimmen diesem Haushalt zu in dem Bewusstsein, dass sich in den vergangenen zwei Jahren neue Formen der Zusammenarbeit im Rat entwickelt und verfestigt haben.
Vor ziemlich genau zwei Jahren hat die Kooperation für gemeinsame politische Zusammenarbeit im Rat als wichtigste Bausteine der Zusammenarbeit formuliert:
– den Ausbau des kommunalen Klimaschutzes,
– den Erhalt und Ausbau eines überdurchschnittlichen Bildungssystems,
– den Erhalt und Ausbau der Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche,
– sowie eine Finanzierung ohne zusätzliche Belastungen für die Troisdorfer Gewerbetreibenden, Grundbesitzer:innen und Mieter:innen.
Wir haben Wort gehalten und wir werden weiter Wort halten.
Vielen Dank.